Nicht nur das Ferne, Unbekannte lernt Luca in Nová Baňa kennen, sondern auch das Gewohnte und Vertraute zu Hause zu schätzen.
Lange Zeit habe ich gedacht, dass ich nicht wirklich ein Familienmensch bin. Natürlich liebe ich meine Eltern und Geschwister über alles, aber dennoch habe ich immer gerne mein eigenes Ding gemacht. So ein eigenes Ding ist auch die Entscheidung gewesen, für ein Jahr alleine ins Ausland zu gehen. Und nachdem ich nun etwas länger als ein halbes Jahr schon in der Slowakei lebe und meinen Freiwilligendienst mache, möchte ich ein bisschen über meine Gefühle der letzten Monate und den Familienbesuch berichten.
Sehr früh ist mir klar geworden, dass meine Familie ein sehr wichtiger Teil von mir ist und damit meine ich nicht nur Eltern und Geschwister. Auch einige meiner engsten Freunde zähle ich dazu, all die Menschen, mit denen ich reden kann, die mich schon immer bzw. seit Jahren kennen und mich bis in mein Innerstes verstehen. Ich habe hier sehr früh neue Freundinnen gefunden und somit auch den Anschluss an das Schulleben in meiner Einsatzstelle. Dennoch bedeutete dies, dass ich mich neu orientieren musste. Die anderen kennenzulernen und sich für neue Menschen zu öffnen ist zwar essentiell, um nicht auf der Strecke zu bleiben, gleichzeitig ist es aber auch immer wieder eine neue Überwindung, zumindest für mich.
Daher freute ich mich sehr, als meine Familie mich vor knapp einem Monat für eine Woche besuchte. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich dieses Gefühl von Vertrautheit und Zuhause doch schon sehr vermisst hatte: für eine Woche nicht alleine in meiner Wohnung zu sein, umgeben von Stille (Nová Baňa ist ein sehr ruhiger Ort) und nur beschäftigt mit mir selbst, der Schule und meinem eigenen Leben.
Es gab so viele Dinge zu erzählen, zu berichten, vor allem zwischen mir und meiner ersten jüngeren Schwester. Wir stehen uns sehr nahe und hatten lange nicht mehr die Gelegenheit so intensiv füreinander da zu sein. Aber auch meine beiden jüngsten Geschwister, ihre Lautstärke und spritzige Lebensfreude hatte ich sehr vermisst.
Ihr ganz persönliches kleines Abenteuer konnte ich meinen Geschwistern geben, als ich sie dann am Donnerstag für den Vormittag mit in die Schule nahm. Meine Arbeitsstelle, Kollegen und Freunde kennenzulernen, war für sie sehr aufregend. Aber auch anstrengend, wie meine Schwestern mir im Nachhinein sagten, denn in den Deutschstunden wurden sie von Fragen der Schüler gelöchert und waren beinahe wie eine Attraktion.
Nichtsdestotrotz hatten sie sehr viel Spaß im etwas anderen Schulalltag. Beide fanden es unglaublich interessant, zu sehen, wie Deutsch als Fremdsprache unterrichtet wird. Sie wurden sehr herzlich willkommen geheißen und ebenso aktiv in den Deutschunterricht mit eingebunden. Ich erkannte mich sehr stark in den beiden wieder, denn so wie sie hatte auch ich mich in meiner ersten Zeit hier gefühlt: fasziniert, überrascht und auch etwas überfordert.
Dieser Donnerstag war einer der sieben schönen Tage, die ich mit meiner Familie verbringen konnte, bevor sie dann am Samstag wieder zurück nach Deutschland fuhren.
Wenn man alleine im Ausland lebt, knüpft man neue Kontakte, man will andere Menschen kennenlernen, Unbekanntem begegnen... aber ebenso schön ist es auch wieder Vetrautheit und Gewohntes zu erleben. Das Neue mit dem Alten zu verbinden sozusagen, das ist mir nach dieser einen Besuchswoche besonders klar geworden.