Woran erinnert sich ein Rentner, der aus zwei Staaten seine Rente bekommt? Was für ein Bild über Deutschland hat er? Es handelt sich dabei um einen Architekt aus Kroatien, der in den 60er Jahren in Deutschland gearbeitet hat. Warum ist er nach Kroatien zurückgekommen? Haben sich diese Jahre in Deutschland für ihn gelohnt?
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, in Deutschland zu arbeiten und zu leben?
Es war zufällig. Meine damals schwangere Frau und ich sind während meines Urlaubs zu unseren Freunden nach Deutschland gefahren. Sie haben damals in Göttingen, in Westdeutschland gelebt. Während wir bei meinen Freunden waren, habe ich das Angebot von einer deutschen Architekturfirma bekommen, bei ihnen zu arbeiten. Der Chef von dieser Firma hat schon alles über mich und meine Arbeit von einer Firma aus Zagreb, wo ich schon gearbeitet habe, erfahren. Am Tag danach war ich an meinem neuen Arbeitsplatz.
Sie haben dann sehr gut Deutsch gesprochen?
Eigentlich nicht. Ich habe einen Raum und eine Aufgabe bekommen, um zu zeichnen. Ein Chef in dieser Firma war auch Kroate und ich musste nicht gleich Deutsch sprechen.
Warum haben Sie dieses Arbeitsangebot so schnell angenommen? Waren die Arbeitsbedingungen in Deutschland besser als in Kroatien? Sie haben Deutsch nicht verstanden, was sehr mutig von Ihnen war.
Ich stamme aus Dalmatien und in Zagreb habe ich studiert und auch den ersten Arbeitsplatz bekommen. In Zagreb war ich ein Gast wie in Deutschland. Mein Heim war in Dalmatien und ich musste wie in Zagreb so auch in Deutschland die Miete für die Wohnung bezahlen. Schon damals, also im Jahr 1965, war der Standard in Westdeutschland besser, die Miete war höher, aber der Lohn auch. Die politische Situation in Ex-Jugoslawien war auch nicht so gut.
In der Schule haben wir gelernt, dass die 60er Jahre in West- und Ostdeutschland besonders schwer waren. Haben Sie etwas als Fremder bemerkt? Woran erinnern Sie sich?
Die Situation war für mich fast bekannt, weil ich aus Ex- Jugoslawien gekommen bin. Viele Informationen haben wir heimlich erfahren.
An meinen Weg von der Wohnung bis zum Arbeitsplatz erinnere ich mich sehr gut. Ich bin jeden Morgen mit dem Zug gefahren. An einer Seite gab es den Fluss, an der anderen die Mauer, Soldaten und vor allem Angst. Diese Mauer war die Grenze, die West- und Ostdeutsche nicht überqueren durften. Für uns aus Jugoslawien war es möglich, nach West- und nach Ostdeutschland zu fahren. Ich hatte aber Glück, dass meine Freunde im Westen gelebt haben. In Westen haben die Leute frei gelebt und der Standard, wie ich schon gesagt habe, war höher. Sie litten aber oft unter der Trennung ihrer Liebsten. Diese Geschichte ist uns allen bekannt. Man konnte damals diese schwere Luft in jedem Moment spüren. Ich hatte damals mehr Geld, aber diese Situation hat mich gestört.
War das der Grund, dass Sie aus Deutschland nach Amerika geflogen sind, um dort weiter zu leben?
Ja, teilweise. Meine Onkel lebten schon in Amerika und sie haben mir ein Einwanderungsvisum geschickt. Ich habe in Amerika 8 Monate gelebt und habe bei meinem Onkel auf einem riesigen Feld gearbeitet, also nicht in meinem Fach.
Sie waren mit diesem Leben nicht zufrieden?
Eigentlich schon. Aber dann habe ich mir selbst gesagt: „ Warum soll ich so weiter in Amerika leben, wenn ich in Deutschland gut arbeiten und leben kann und mehrmals im Jahr in mein Heimatland fahren kann.“
Das war aber nicht für immer, nicht wahr?
In Deutschland habe ich vier Jahre als Architekt gearbeitet und dann habe ich das Angebot aus einer Firma in Split (Dalmatien) für einen Arbeitsplatz bekommen. Seitdem habe ich in dieser Firma viele Gebäude bis zu meiner Rente konstruiert. Mein Herz hat unter der Sehnsucht gelitten und als ich die Möglichkeit bekommen hatte, nach Kroatien zurückzufahren, habe ich das getan.
Was ich auch noch betonen möchte; diese vier Jahre in Deutschland haben mir geholfen, eine Fremdsprache zu lernen und jetzt eine höhere Rente zu bekommen. Meine Deutschkenntnisse haben mir im Leben mehrmals geholfen.
Was können Sie unseren jungen Lesern zum Schluss empfehlen?
Wenn du jung bist, nutze jede Möglichkeit zu reisen, neue Leute und Kulturen kennen zu lernen. Es lohnt sich in jedem Fall, neue Sprachen zu lernen. Mit solch einem Lebensstil wirst du von Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr reicher und zufriedener.
Ein Beitrag von:
Ante Bebić
Schule:
Gymnasium Metković