

Die Coronavirus-Pandemie verändert Musizieren überall
COVID-19 hat fast alles in der Gesellschaft drastisch verändert. Aber fast kein Bereich ist so stark betroffen wie die Musik. Von Schulen bis zu Konzerthallen: Das Musikleben basierte vor Corona auf zwischenmenschlichem Kontakt. Aber eine globale Pandemie, die sich genau durch zwischenmenschlichen Kontakt verbreitet, hat alles auf den Kopf gestellt. Alle, die sich mit Musik beschäftigen, haben das gefühlt. Das gilt für die USA wie auch für Deutschland.
Ich bin selber ein amerikanischer Musiker: Ich spiele Geige, und bei mir hat sich auch sehr viel verändert. Seit dem Anfang der Pandemie, 2020, spielen mein Jugendorchester und mein High-School-Orchester virtuell. In den ersten paar Monaten war die Erfahrung als Musiker eher verwirrend: Weder die Orchesterdirektorin noch die Schüler hatten eine Ahnung, wie virtuell Musizieren funktionieren sollte. Aber wir Musikerinnen und Musiker haben allmählich gelernt, am Bildschirm – anstatt auf einer Bühne – zu musizieren.
Im Sommer nahm ich an einem Programm teil, wo wir wunderbare Kammermusik zusammengestellt haben: mit einer App auf dem iPhone. Durch diese Erfahrung habe ich gelernt, wie man Kammermusik virtuell macht, statt durch körperliche Einsätze in Präsenz. Und als das Schuljahr wieder angefangen hat, waren die Orchesterprogramme viel besser auf Coronabedingungen vorbereitet. In dem Jugendorchester machen wir zurzeit Aufnahmen, die im Computer zusammengestellt werden und fast wie Live-Aufführungen klingen. In meinem Kammermusikprogramm machen wir etwas Ähnliches.
Eine virtuelle Kammermusikaufführung – Violine: Paul Ostermann-Healey, Piano: Sean McLaughlin, Trompete: Ben J. D’Haiti; Trio für Trompete, Violine und Piano von Eric Ewazen
Wie geht das virtuelle Musizieren?
Aber die Erfahrung mit dem virtuellen Musikmachen ist nicht vergleichbar mit der nicht-virtuellen Situation. Das virtuelle Musizieren ist viel schwieriger, weil alles individuell aufgenommen wird, und deswegen muss man immer perfekt spielen – das war kein Problem vor Corona, weil, wenn man nicht-virtuell in einer Gruppe spielt, dann werden Fehler nicht so bemerkt. Die Ausrüstung ist auch teuer: Wegen Corona hat meine Familie eine neue W-Lan-Verbindung und ein kostspieliges Mikrofon gekauft.
Noch ein Nachteil ist, dass man die Musik nicht persönlich erfahren kann, und dies ist vielleicht der größte Verlust. Von Anfang an ging es in der Musik um die persönliche Erfahrung. Leute haben sich versammelt, um sich durch die Musik verbunden zu fühlen, aber das Kameradschaftsgefühl entsteht nicht so einfach durch den Computer.
Was sagen andere Musizierende?
Um zu sehen, wie andere Musikerinnen und Musiker über die Lage der Musik während der Coronazeiten denken, habe ich einen Fragebogen an Musiklehrkräfte und Musikerinnen und Musiker im deutschsprachigen Raum in Europa geschickt. Die Fragen waren für beide Gruppen bestimmt. Ich habe zum Beispiel gefragt: „War es einfach oder schwer für Sie, die Musik an die neuen Coronabedingungen anzupassen?“ oder „Macht Musik unter Coronabedingungen Spaß?“.
Die Ergebnisse waren vielfältig, aber die meisten sagten, dass das Coronavirus nichts Gutes gebracht hat. Bei Sabine Kainz, einer Grundschul-Musiklehrerin aus Österreich, ist der Musikunterricht seit dem Beginn der Pandemie „komplett eingebrochen“. Sie musste das Lernen von einer am Zusammenspiel orientierten Form auf virtuelle Theorie umstellen. Das Singen und die Nutzung der Instrumente im Präsenzunterricht ist nicht erlaubt, und so ist das Anpassen sehr schwer, wenn nicht unmöglich. Sie musste auch für besseres Internet in ihrem Haus bezahlen.
American Youth Philharmonic Chamber, Brandenburgisches Konzert Nr. 2, Johann Sebastian Bach
Eine Musikerin aus dem deutschen Bundesland Bayern hat gefunden, dass das Musikmachen in der virtuellen Welt viel schwerer ist und dass besonders die ältere Generation Schwierigkeiten mit dem virtuellen System hat. Eine andere Musikerin aus Bayern war auch wegen der Änderungen am Anfang der Krise frustriert, aber das System werde allmählich einfacher, sagt sie, sie gewöhne sich daran. Ich kann diese Einstellung verstehen, weil ich mich auch langsam an das virtuelle Zusammenspielen gewöhne. Aber im Großen und Ganzen sagten die Befragten, die Coronabedingungen hätten bei ihnen viel Frust verursacht. Das Musizieren war eingeschränkt und das Lernen und Genießen für viele schwierig.
Gibt es auch positive Seiten?
Aber die Coronakrise hatte nicht nur negative Auswirkungen: Musikerinnen und Musiker machen das Beste aus Situationen, die sich manchmal hoffnungslos anfühlen. Eine bayerische Musik-Liebhaberin, Angela Motschenbacher, hat zur Weihnachtszeit anderen viel Freude durch virtuelle Musik beschert. Sie hat mit ihren musikalischen Verwandten kurze Aufnahmen von Weihnachtsliedern gemacht, und diese Lieder haben sich in der Region verbreitet. Ich kann auch meine eigene Erfahrungen in den USA mit dieser Situation vergleichen. Zu Weihnachten haben mein Bruder und ich Weihnachts-Duette gespielt, und wir haben die Aufnahme als eine Art „virtuelle Weihnachtskarte“ rausgeschickt. Die Aufnahme hat sich weit verbreitet, sogar auf Facebook. Das war etwas, das wir normalerweise nicht machen, und so konnten wir die Musik und Freude weiter verbreiten.
Die Technik ist auch nicht immer einfach
Zwei Musiker aus Südtirol in Italien beantworteten auch den Fragebogen. Sie sprachen über den Technologieeinsatz im Musikunterricht in der Coronazeit. Hier werden die unterschiedlichen Erfahrungen mit der Technologie sichtbar. Johanna Psaier unterrichtet musikalische Grundausbildung für Kinder im Gruppenunterricht. Da sie vor der Pandemie nicht viel mit der Technologie arbeitete, musste sie insgesamt 1.400 Euro für einen neuen Laptop und ein neues Tablet ausgeben. Persönlich war es für sie schwer, sich auf den virtuellen Unterricht umzustellen, besonders weil sie mit kleinen Kindern arbeitet. Sie meint, sie sei „ein Mensch, der die Begegnung mit Menschen braucht und der beim Musizieren gerne in die Gleichschwingung mit den Mitmusizierenden geht. Da kann man sich verständigen über Agogik oder Dynamik, ohne alles abzusprechen…. Das geht mit digitalen Medien nicht.“
Andererseits fand ihr Kollege, ein Cellist, Chorlehrer und Musikschuldirektor aus Bozen, die Umstellung zum Internet-unterrichten leicht, da er sich als „Computerfreak” bezeichnet. Er hatte schon die notwendige technische Ausrüstung. Obwohl er technisch vorbereitet war, ist die Coronazeit für ihn dennoch anstrengend. Da er keine Live-Konzerte spielen kann, hat er dementsprechend weniger Geld verdient.
Dankbar für den Schutz vor Ansteckung
Noch eine Musikerin, Karin Holzinger aus dem deutschen Bundesland Baden-Württemberg, gibt zu, dass viele Kinder und Eltern am Anfang der Online-Umstellung verwirrt waren, aber dass viele Leute im Endeffekt dankbar dafür sind, dass der Online-Musikunterricht sie vor einer Erkrankung an COVID-19 schützen konnte. Das Lernen war bei Frau Holzinger einigermaßen eingeschränkt, aber die Freude an der Musik habe sich trotzdem unter den Schülern verbreitet, schreibt sie. Karin Holzinger selber hat auch durch die Online-Umstellung gelernt. Sie schreibt: „Ich finde es sehr anstrengend und bin doch überzeugt, dass es wertvoll war und ist, den Unterricht auf diese neue Weise aufrecht zu erhalten.“ Sie findet die Auswirkungen der Musik, ob virtuell oder im Kontakt, überwältigend positiv. Für sie und ihre Mitarbeitenden, für Musikerinnen und Musiker und Schülerinnen und Schüler ist die Musik „unter den derzeit schwierigen Bedingungen ein Mehrwert, ein Aufatmen der Seele. Und ja, auch Spaß.“
Im Sommer nahm ich an einem Programm teil, wo wir wunderbare Kammermusik zusammengestellt haben: mit einer App auf dem iPhone. Durch diese Erfahrung habe ich gelernt, wie man Kammermusik virtuell macht, statt durch körperliche Einsätze in Präsenz. Und als das Schuljahr wieder angefangen hat, waren die Orchesterprogramme viel besser auf Coronabedingungen vorbereitet. In dem Jugendorchester machen wir zurzeit Aufnahmen, die im Computer zusammengestellt werden und fast wie Live-Aufführungen klingen. In meinem Kammermusikprogramm machen wir etwas Ähnliches.
Eine virtuelle Kammermusikaufführung – Violine: Paul Ostermann-Healey, Piano: Sean McLaughlin, Trompete: Ben J. D’Haiti; Trio für Trompete, Violine und Piano von Eric Ewazen
Wie geht das virtuelle Musizieren?
Aber die Erfahrung mit dem virtuellen Musikmachen ist nicht vergleichbar mit der nicht-virtuellen Situation. Das virtuelle Musizieren ist viel schwieriger, weil alles individuell aufgenommen wird, und deswegen muss man immer perfekt spielen – das war kein Problem vor Corona, weil, wenn man nicht-virtuell in einer Gruppe spielt, dann werden Fehler nicht so bemerkt. Die Ausrüstung ist auch teuer: Wegen Corona hat meine Familie eine neue W-Lan-Verbindung und ein kostspieliges Mikrofon gekauft.
Noch ein Nachteil ist, dass man die Musik nicht persönlich erfahren kann, und dies ist vielleicht der größte Verlust. Von Anfang an ging es in der Musik um die persönliche Erfahrung. Leute haben sich versammelt, um sich durch die Musik verbunden zu fühlen, aber das Kameradschaftsgefühl entsteht nicht so einfach durch den Computer.
Was sagen andere Musizierende?
Um zu sehen, wie andere Musikerinnen und Musiker über die Lage der Musik während der Coronazeiten denken, habe ich einen Fragebogen an Musiklehrkräfte und Musikerinnen und Musiker im deutschsprachigen Raum in Europa geschickt. Die Fragen waren für beide Gruppen bestimmt. Ich habe zum Beispiel gefragt: „War es einfach oder schwer für Sie, die Musik an die neuen Coronabedingungen anzupassen?“ oder „Macht Musik unter Coronabedingungen Spaß?“.
Die Ergebnisse waren vielfältig, aber die meisten sagten, dass das Coronavirus nichts Gutes gebracht hat. Bei Sabine Kainz, einer Grundschul-Musiklehrerin aus Österreich, ist der Musikunterricht seit dem Beginn der Pandemie „komplett eingebrochen“. Sie musste das Lernen von einer am Zusammenspiel orientierten Form auf virtuelle Theorie umstellen. Das Singen und die Nutzung der Instrumente im Präsenzunterricht ist nicht erlaubt, und so ist das Anpassen sehr schwer, wenn nicht unmöglich. Sie musste auch für besseres Internet in ihrem Haus bezahlen.
American Youth Philharmonic Chamber, Brandenburgisches Konzert Nr. 2, Johann Sebastian Bach
Eine Musikerin aus dem deutschen Bundesland Bayern hat gefunden, dass das Musikmachen in der virtuellen Welt viel schwerer ist und dass besonders die ältere Generation Schwierigkeiten mit dem virtuellen System hat. Eine andere Musikerin aus Bayern war auch wegen der Änderungen am Anfang der Krise frustriert, aber das System werde allmählich einfacher, sagt sie, sie gewöhne sich daran. Ich kann diese Einstellung verstehen, weil ich mich auch langsam an das virtuelle Zusammenspielen gewöhne. Aber im Großen und Ganzen sagten die Befragten, die Coronabedingungen hätten bei ihnen viel Frust verursacht. Das Musizieren war eingeschränkt und das Lernen und Genießen für viele schwierig.
Gibt es auch positive Seiten?
Aber die Coronakrise hatte nicht nur negative Auswirkungen: Musikerinnen und Musiker machen das Beste aus Situationen, die sich manchmal hoffnungslos anfühlen. Eine bayerische Musik-Liebhaberin, Angela Motschenbacher, hat zur Weihnachtszeit anderen viel Freude durch virtuelle Musik beschert. Sie hat mit ihren musikalischen Verwandten kurze Aufnahmen von Weihnachtsliedern gemacht, und diese Lieder haben sich in der Region verbreitet. Ich kann auch meine eigene Erfahrungen in den USA mit dieser Situation vergleichen. Zu Weihnachten haben mein Bruder und ich Weihnachts-Duette gespielt, und wir haben die Aufnahme als eine Art „virtuelle Weihnachtskarte“ rausgeschickt. Die Aufnahme hat sich weit verbreitet, sogar auf Facebook. Das war etwas, das wir normalerweise nicht machen, und so konnten wir die Musik und Freude weiter verbreiten.
Die Technik ist auch nicht immer einfach
Zwei Musiker aus Südtirol in Italien beantworteten auch den Fragebogen. Sie sprachen über den Technologieeinsatz im Musikunterricht in der Coronazeit. Hier werden die unterschiedlichen Erfahrungen mit der Technologie sichtbar. Johanna Psaier unterrichtet musikalische Grundausbildung für Kinder im Gruppenunterricht. Da sie vor der Pandemie nicht viel mit der Technologie arbeitete, musste sie insgesamt 1.400 Euro für einen neuen Laptop und ein neues Tablet ausgeben. Persönlich war es für sie schwer, sich auf den virtuellen Unterricht umzustellen, besonders weil sie mit kleinen Kindern arbeitet. Sie meint, sie sei „ein Mensch, der die Begegnung mit Menschen braucht und der beim Musizieren gerne in die Gleichschwingung mit den Mitmusizierenden geht. Da kann man sich verständigen über Agogik oder Dynamik, ohne alles abzusprechen…. Das geht mit digitalen Medien nicht.“
Andererseits fand ihr Kollege, ein Cellist, Chorlehrer und Musikschuldirektor aus Bozen, die Umstellung zum Internet-unterrichten leicht, da er sich als „Computerfreak” bezeichnet. Er hatte schon die notwendige technische Ausrüstung. Obwohl er technisch vorbereitet war, ist die Coronazeit für ihn dennoch anstrengend. Da er keine Live-Konzerte spielen kann, hat er dementsprechend weniger Geld verdient.
Dankbar für den Schutz vor Ansteckung
Noch eine Musikerin, Karin Holzinger aus dem deutschen Bundesland Baden-Württemberg, gibt zu, dass viele Kinder und Eltern am Anfang der Online-Umstellung verwirrt waren, aber dass viele Leute im Endeffekt dankbar dafür sind, dass der Online-Musikunterricht sie vor einer Erkrankung an COVID-19 schützen konnte. Das Lernen war bei Frau Holzinger einigermaßen eingeschränkt, aber die Freude an der Musik habe sich trotzdem unter den Schülern verbreitet, schreibt sie. Karin Holzinger selber hat auch durch die Online-Umstellung gelernt. Sie schreibt: „Ich finde es sehr anstrengend und bin doch überzeugt, dass es wertvoll war und ist, den Unterricht auf diese neue Weise aufrecht zu erhalten.“ Sie findet die Auswirkungen der Musik, ob virtuell oder im Kontakt, überwältigend positiv. Für sie und ihre Mitarbeitenden, für Musikerinnen und Musiker und Schülerinnen und Schüler ist die Musik „unter den derzeit schwierigen Bedingungen ein Mehrwert, ein Aufatmen der Seele. Und ja, auch Spaß.“
Ein Beitrag von:
Paul Ostermann-Healey, 16 Jahre
Paul Ostermann-Healey, 16 Jahre
Schule:
Deutsche Sprachschule Washington, DC
Deutsche Sprachschule Washington, DC
Trackbacks
Trackback-URL für diesen Eintrag
Keine Trackbacks