

Das Leben ist voller Überraschungen: Gedanken zur Begegnung mit Li Keqiang und Angela Merkel
Am 26. Mai 2013 eröffneten die Bundeskanzlerin Angela Merkel und der chinesische Premierminister Li Keqiang gemeinsam das deutsch-chinesische Sprachenjahr. Zehn deutsche und zehn chinesische Schülerinnen und Schüler waren zu einem kurzen Treffen mit den beiden Politikern eingeladen. Zheng Xichong von der Fremdsprachenschule Tianjin war dabei.
Ich atme noch mal tief durch, ich glaube, nun sehe ich aus wie die Gelassenste von allen, aber mit dem schnellsten Herzschlag. Lächelnd frage ich die deutsche Schülervertreterin neben mir: „Ein bisschen nervös?“ Sie antwortet mit Lächeln: „Ja.“ Ihre Stimme zittert ein bisschen. „Entspann dich.“ Ich tröste sie.
Ich hebe meinen Kopf und sehe die Journalisten ihre riesigen Kameras vorbereiten, die wie Kanonen wirken. Ich muss zwinkern, aber das alles ist so unwirklich. Ich erinnere mich an dem Tag vor zwei Wochen: Meine Gastmutter fragte mich: „Der chinesische Premierminister wird Deutschland besuchen. Zehn Austauschschüler aus China werden als Vertreter eingeladen, man wird da ein Gruppenfoto machen. Willst du dabei sein?“ „Warum nicht, so eine gute Chance!“ Beim Essen stellte ich mich cool, obwohl ich total aufgeregt war. Ich hob meinen Kopf und lächelte: „Endlich kann ich mal weggehen und mich entspannen!“ Mein Gastvater neben mir war auch sehr froh: „Du hast aber Glück! Die Bundeskanzlerin und den Premierminister auf einmal zu sehen! Wenn du nicht hingehen willst, gehe ich mit einer Perücke als du hin!“ Ich habe gelacht: „Nein, ich will unbedingt selbst hin!“
Obwohl das eine Einladung war, musste man sich trotzdem bewerben, am nächsten Tag rief am Abend YFU (Youth for Understanding) an, ich war ausgewählt! Den ganzen Tag war ich so aufgeregt, ich habe mir immer die Szene des Treffens vorgestellt, habe mehr als zehn Mal meine E-Mails kontrolliert, mit der Frage, wann ich das Ticket nach Berlin bekomme.
Am Sonntagvormittag, nach einem kurzen Besuch im Museum, sind wir vor der Tür der chinesischen Botschaft. Wir warten darauf, dass die Mitarbeiter des Goethe-Instituts uns abholen. Angesichts des Staatswappens murmele ich, „lange nicht gesehen …“ Die verkleinerte Marmorsäule brachte mich zurück in mein Land, in dem ich nun seit 16 Jahre lebe, China.“
„Ich heiße ZHENG Xichong“ und erkläre, wie man meinen Namen aufschreibt. Auf der anderen Seite des Hörers schreibt der Mitarbeiter der chinesischen Botschaft meinen Namen mit. Ich habe meinen komplizierten chinesischen Name schon so lange nicht mehr vorgestellt. Es schmerzte mir im Herz. Ich bin so lange nicht mehr zu Hause …
Mit dem Bus kommen wir am Kanzleramt an, das sonst eigentlich nur im Mythos auftaucht. Das Aussehen des Kanzleramtes ist vor allem blau. Es ist prächtig, aber auch harmonisch ausgestattet und es hat eine sehr schöne Architektur. Um die Atmosphäre zu entspannen, frage ich meine Mitschülerinnen und Mitschüler: „Schaut mal, jetzt sind wir wohl in dem deutschen Zhongnanhai (Sitz der Regierung der VR China und der Parteizentrale). So was Ehrenhaftes!“ Die Mitschülerin neben mir sagt: „Wieso fühle ich mich wie Liu Laolao?“ (aus: Traum der roten Kammer: Es geht um Oma Liu, eine bäuerische Frau, die aus Versehen in den Hof eines Adligen eintritt und dort viele witzigen Anekdoten erlebt). Beim Reden und Lachen gehen wir durch den Eingang und warten, dass unser Ausweise kontrolliert werden.
Nachdem die Identität bestätigt wurde, wurden wir vor den Eingang des Kanzleramtes gebracht. Vor uns stehen so viele Journalisten, dass ich mich frage, wie bin ich als ein kleine chinesische Schülerin hierhergekommen bin? Jetzt vertrete ich die Tianjin Fremdsprachenschule, die Stadt Tianjin und mein Land China. Wegen dieser Verantwortung fühle ich mich plötzlich so stolz.
Nun hört man den Marsch der Freiwilligen. Ich weiß nicht, wie viele Hubschrauber es gerade am Himmel gibt. Viele Polizeiwagen fahren an uns vorbei, und die Journalisten laufen alle ganz schnell. Der sehr geehrte Premierminister Li steigt aus dem Wagen aus und schüttelt die Hände von Frau Merkel. Vor der Musikgruppe verbeugen sie sich kurz und laufen zusammen durch den Eingang. In den nächsten Minuten klicken unaufhörlich die Kameras. Die Kanzlerin und der Premierminister kommen unter der Begleitung des Sicherheitspersonals zu uns: „Grüßt euch!“
Die beiden begrüßen uns jeweils auf Deutsch und Chinesisch. „Guten Tag“ antworten wir alle höflich zusammen. Premierminister Li sieht noch netter aus als im Fernsehen, an seinen Augenringen kann man bemerken, dass er für unser Land, unser Volk sehr hart arbeitet.“ Frau Merkel sieht glänzend aus. Sie hat genau so eine große Stattlichkeit wie der Premierminister von 1,3 Milliarden Chinesen.
„Wie lange wohnt ihr in Deutschland?“ fragt Frau Merkel als Gastgeberin. „Weniger als ein Jahr“, antworten wir. Ihr Deutsch ist klar und einfach, das macht es uns leicht „Wie lange habt ihr Deutsch gelernt?“ „Zehn Monate.“ Kanzlerin Merkel nickt und sagt, „Für so eine Länge sprecht ihr aber sehr gutes Deutsch!“ Und Premierminister Li fängt an zu fragen: „Wer spricht hier das beste Chinesisch?“ Die deutschen Schüler gucken einander an, und sind alle sehr bescheiden. „Und: Wer spricht das beste Deutsch?“ „Ungefähr gleich, wir haben zusammen angefangen, Deutsch zu lernen.“ Offenbar ist Bescheidenheit die traditionelle chinesische Tugend.
„Wie ist es in Berlin? Im Vergleich zu Peking?“ fragt Frau Merkel weiter. „Eine sehr coole Stadt, hat die Atmosphäre einer Metropole. Es ist so ähnlich wie in Peking, aber Peking ist meine Heimat. Ich mag Berlin, aber ich liebe Peking.“ So habe ich geantwortet, und die beiden sind mit meiner Antwort zufrieden. „Ihr solltet weiter Sprache lernen und mehr von der Kultur erfahren, denn die Sprache ist ja die Brücke!“ sagt der Premierminister. Wir nicken alle: „Das schaffen wir bestimmt!“ „Lasst uns ein Foto machen!“ Beiden drehen sich um, die Kameras klicken und ich gucke nach vorn und lächle. Jetzt kann ich endlich lang atmen.
Auf dem Weg zurück im Zug sage ich zu meinem Mitschüler: „So ein überraschender Tag! Jetzt ist es vorbei. Jetzt gehe ich nach Hause.“ Ich schaue vom Fenster nach draußen, das Grün bringt mir so gute Laune. Mein Gastvater hat Recht, ich habe so ein Glück. Glücklicherweise wurde ich an der Tianjin Fremdsprachenschule aufgenommen, glücklicherweise bin ich nach Deutschland gekommen, glücklicherweise begegnete ich meinen Gasteltern, die mich wie ihr eigenes Kind behandeln, und glücklicherweise wurde ich für das Treffen mit dem chinesischen Premierminister und der deutschen Kanzlerin als Schülervertreterin ausgewählt. Ich hatte immer Glück, immer schöne Überraschungen.
Ganz am Ende will ich mich noch bei meiner Schule bedanken – der Tianjin Fremdsprachenschule – ohne sie gäbe es mich nicht. Ich werde meiner Schule durch meine Taten beweisen, dass sie mich nicht vergeblich aufgenommen hat. Und auch vielen Dank an YFU, dieses Austauschjahr hat uns immer Überraschungen gebracht. Danke für die Chance zum Erwachsenwerden!
Ich hebe meinen Kopf und sehe die Journalisten ihre riesigen Kameras vorbereiten, die wie Kanonen wirken. Ich muss zwinkern, aber das alles ist so unwirklich. Ich erinnere mich an dem Tag vor zwei Wochen: Meine Gastmutter fragte mich: „Der chinesische Premierminister wird Deutschland besuchen. Zehn Austauschschüler aus China werden als Vertreter eingeladen, man wird da ein Gruppenfoto machen. Willst du dabei sein?“ „Warum nicht, so eine gute Chance!“ Beim Essen stellte ich mich cool, obwohl ich total aufgeregt war. Ich hob meinen Kopf und lächelte: „Endlich kann ich mal weggehen und mich entspannen!“ Mein Gastvater neben mir war auch sehr froh: „Du hast aber Glück! Die Bundeskanzlerin und den Premierminister auf einmal zu sehen! Wenn du nicht hingehen willst, gehe ich mit einer Perücke als du hin!“ Ich habe gelacht: „Nein, ich will unbedingt selbst hin!“

Am Sonntagvormittag, nach einem kurzen Besuch im Museum, sind wir vor der Tür der chinesischen Botschaft. Wir warten darauf, dass die Mitarbeiter des Goethe-Instituts uns abholen. Angesichts des Staatswappens murmele ich, „lange nicht gesehen …“ Die verkleinerte Marmorsäule brachte mich zurück in mein Land, in dem ich nun seit 16 Jahre lebe, China.“
„Ich heiße ZHENG Xichong“ und erkläre, wie man meinen Namen aufschreibt. Auf der anderen Seite des Hörers schreibt der Mitarbeiter der chinesischen Botschaft meinen Namen mit. Ich habe meinen komplizierten chinesischen Name schon so lange nicht mehr vorgestellt. Es schmerzte mir im Herz. Ich bin so lange nicht mehr zu Hause …
Mit dem Bus kommen wir am Kanzleramt an, das sonst eigentlich nur im Mythos auftaucht. Das Aussehen des Kanzleramtes ist vor allem blau. Es ist prächtig, aber auch harmonisch ausgestattet und es hat eine sehr schöne Architektur. Um die Atmosphäre zu entspannen, frage ich meine Mitschülerinnen und Mitschüler: „Schaut mal, jetzt sind wir wohl in dem deutschen Zhongnanhai (Sitz der Regierung der VR China und der Parteizentrale). So was Ehrenhaftes!“ Die Mitschülerin neben mir sagt: „Wieso fühle ich mich wie Liu Laolao?“ (aus: Traum der roten Kammer: Es geht um Oma Liu, eine bäuerische Frau, die aus Versehen in den Hof eines Adligen eintritt und dort viele witzigen Anekdoten erlebt). Beim Reden und Lachen gehen wir durch den Eingang und warten, dass unser Ausweise kontrolliert werden.
Nachdem die Identität bestätigt wurde, wurden wir vor den Eingang des Kanzleramtes gebracht. Vor uns stehen so viele Journalisten, dass ich mich frage, wie bin ich als ein kleine chinesische Schülerin hierhergekommen bin? Jetzt vertrete ich die Tianjin Fremdsprachenschule, die Stadt Tianjin und mein Land China. Wegen dieser Verantwortung fühle ich mich plötzlich so stolz.
Nun hört man den Marsch der Freiwilligen. Ich weiß nicht, wie viele Hubschrauber es gerade am Himmel gibt. Viele Polizeiwagen fahren an uns vorbei, und die Journalisten laufen alle ganz schnell. Der sehr geehrte Premierminister Li steigt aus dem Wagen aus und schüttelt die Hände von Frau Merkel. Vor der Musikgruppe verbeugen sie sich kurz und laufen zusammen durch den Eingang. In den nächsten Minuten klicken unaufhörlich die Kameras. Die Kanzlerin und der Premierminister kommen unter der Begleitung des Sicherheitspersonals zu uns: „Grüßt euch!“
Die beiden begrüßen uns jeweils auf Deutsch und Chinesisch. „Guten Tag“ antworten wir alle höflich zusammen. Premierminister Li sieht noch netter aus als im Fernsehen, an seinen Augenringen kann man bemerken, dass er für unser Land, unser Volk sehr hart arbeitet.“ Frau Merkel sieht glänzend aus. Sie hat genau so eine große Stattlichkeit wie der Premierminister von 1,3 Milliarden Chinesen.
„Wie lange wohnt ihr in Deutschland?“ fragt Frau Merkel als Gastgeberin. „Weniger als ein Jahr“, antworten wir. Ihr Deutsch ist klar und einfach, das macht es uns leicht „Wie lange habt ihr Deutsch gelernt?“ „Zehn Monate.“ Kanzlerin Merkel nickt und sagt, „Für so eine Länge sprecht ihr aber sehr gutes Deutsch!“ Und Premierminister Li fängt an zu fragen: „Wer spricht hier das beste Chinesisch?“ Die deutschen Schüler gucken einander an, und sind alle sehr bescheiden. „Und: Wer spricht das beste Deutsch?“ „Ungefähr gleich, wir haben zusammen angefangen, Deutsch zu lernen.“ Offenbar ist Bescheidenheit die traditionelle chinesische Tugend.
„Wie ist es in Berlin? Im Vergleich zu Peking?“ fragt Frau Merkel weiter. „Eine sehr coole Stadt, hat die Atmosphäre einer Metropole. Es ist so ähnlich wie in Peking, aber Peking ist meine Heimat. Ich mag Berlin, aber ich liebe Peking.“ So habe ich geantwortet, und die beiden sind mit meiner Antwort zufrieden. „Ihr solltet weiter Sprache lernen und mehr von der Kultur erfahren, denn die Sprache ist ja die Brücke!“ sagt der Premierminister. Wir nicken alle: „Das schaffen wir bestimmt!“ „Lasst uns ein Foto machen!“ Beiden drehen sich um, die Kameras klicken und ich gucke nach vorn und lächle. Jetzt kann ich endlich lang atmen.
Auf dem Weg zurück im Zug sage ich zu meinem Mitschüler: „So ein überraschender Tag! Jetzt ist es vorbei. Jetzt gehe ich nach Hause.“ Ich schaue vom Fenster nach draußen, das Grün bringt mir so gute Laune. Mein Gastvater hat Recht, ich habe so ein Glück. Glücklicherweise wurde ich an der Tianjin Fremdsprachenschule aufgenommen, glücklicherweise bin ich nach Deutschland gekommen, glücklicherweise begegnete ich meinen Gasteltern, die mich wie ihr eigenes Kind behandeln, und glücklicherweise wurde ich für das Treffen mit dem chinesischen Premierminister und der deutschen Kanzlerin als Schülervertreterin ausgewählt. Ich hatte immer Glück, immer schöne Überraschungen.
Ganz am Ende will ich mich noch bei meiner Schule bedanken – der Tianjin Fremdsprachenschule – ohne sie gäbe es mich nicht. Ich werde meiner Schule durch meine Taten beweisen, dass sie mich nicht vergeblich aufgenommen hat. Und auch vielen Dank an YFU, dieses Austauschjahr hat uns immer Überraschungen gebracht. Danke für die Chance zum Erwachsenwerden!
Zheng Xichong ist Schülerin der Tianjin Fremdsprachenmittelschule, einer Fit-Schule, und nimmt seit September 2012 an einem einjährigen Schüleraustausch der Organisation Youth for Understanding (YFU) teil. YFU, eine der wichtigsten Partnerorganisationen des Goethe-Instituts (China), bietet chinesische Deutschlernenden an PASCH-Schulen zusammen mit der Stiftung Mercator die Möglichkeit, für ein Jahr in eine Schule in Deutschland zu besuchen und in einer Gastfamilie zu leben.
Ein Beitrag von:
Zheng Xichong

Schule:
Tianjin Fremdsprachenschule
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