Schweiß, Tränen, und Blut. All dies ist typisch beim Turntraining. In Hallen, wo die Luft sich kaum von der vielen Magnesia unterscheidet, trainieren rund 90.000 Leistungsturner und -turnerinnen in ganz Amerika. Ich bin eine davon. Heute befinde ich mich in meinem Turnverein, ein modernes Gebäude in Arlington, einem Vorort von Washington, DC.
Im Gegensatz zu Deutschland, wo der Breitensport gefördert wird und die Turnvereine deshalb bezahlbar sind, ist Turnen in Amerika recht teuer. Es kostet jährlich tausende von Dollar, weil die meisten sogenannten „Turn-Clubs“ privat sind. Auch in meinem Verein, der vom Landkreis Arlington verwaltet wird, müssen Familien für den Sport ihrer Kinder viel Geld bezahlen.
Das Training ist lang. Die Gruppen in meinem Club Arlington Aerials trainieren zwischen ein und vier Stunden am Tag. „Ich mag, dass man sich beim Turnen [emotional] ausdrücken kann während man auch Sport macht und sich austobt, aber mir gefallen die langen Trainingsstunden und das viele Konditionstraining nicht“, meint Jennifer, eine 16-jährige Mitturnerin.
Verschiedene Lieblingsgeräte
Nach dem Aufwärmen, was oft aus Rennübungen, Saltos, Trampolin und Seilspringen besteht, machen wir Dehnübungen. Es ist beim Turnen unheimlich wichtig, dass alle Muskeln sehr entspannt sind, so dass man sich nicht verletzt. Danach verbringen wir ungefähr eine halbe Stunde bei jedem Gerät – Sprung, Stufenbarren, Schwebebalken und Boden, und dazu auch Tanzunterricht und Konditionstraining.
Ein allgemeines Lieblingsgerät gibt es aber nicht. „Ich mag den Sprung, weil ich es toll finde, schnell rennen zu können und anschließend in der Luft zu fliegen“, sagt Jennifer. Mitturnerin Allie stimmt auch zu: „Man kann seine ganze Energie in den Sprung hineinlegen und dann einfach fliegen.“ Der 17-jährigen Turnerin Annie gefallen aber die Stufenbarren am besten, weil sie „nicht so [emotional] stressig wie Schwebebalken sind“ und sie selbst auch ziemlich gut an den Barren ist.
Geräteturner und -turnerinnen trainieren das ganze Jahr lang, obwohl die eigentliche Saison nur ungefähr sechs Monate lang ist. Während der Saison besteht das Training häufig aus dem Wiederholen der Übungen, um sich gut auf die Wettkämpfe vorzubereiten. Im Sommer lernen wir neue Bewegungen und Tricks, die wir in der folgenden Saison in die Übungen einbinden. „Es gefällt mir nicht, wenn die Trainer uns immer zwingen, bestimmte Sachen zu trainieren. Ich mag die Freiheit [im Sommer], die Sachen zu üben, die ich will“, sagt Allie.
Die Trainer sind auch wichtig
Jetzt, im April, sind wir immer noch mitten in der Saison, und die Landesmeisterschaften kommen bald. Da hat jede Turnerin eine eigene Methode, sich auf Wettkämpfe vorzubereiten. „Ich stelle mir vor, dass ich meine Übungen perfekt mache und hole ganz tief Luft“, erzählt Jennifer. Eine andere Turnerin, Nieve, macht das gleiche, aber sie „hört [auch ihre] Bodenmusik vor dem Wettbewerb”. Allie erzählt, dass sie sich vor jeder Wettbewerbsübung sagt, dass es die beste Übung jemals sein wird.
Ein kritischer Teil des Turnens, zusätzlich zu Mut und Anstrengung der Turner, sind die Trainer. Trainer spielen eine sehr große Rolle für die Zukunft und Gesundheit ihrer Sportler und haben mit ihnen oft eine einzigartige Beziehung. Oft ist diese Art Verbindung sehr hilfreich, aber sie kann auch schädlich sein, wenn eine Turnerin sich mit ihren Trainern nicht gut versteht. Leider sind unangenehme und unsympathische Trainer häufig der Grund, weshalb Turner den Sport verlassen. Bei allen Sportarten muss man denken, aber beim Turnen muss man sein Gehirn richtig anstrengen, was es zu einem sehr emotionalen Sport macht. Da ist es noch wichtiger, dass die Trainer die Balance zwischen streng und angenehmen finden.
Am Ende des Trainings sind alle Turner/-innen ziemlich ausgetobt und müde. Es ist spät, und sie müssen sich noch für den Schultag am nächsten Morgen vorbereiten. Trotz des Zeitaufwands und des ständig schmerzenden Körpers macht der Sport Spaß. Es ist eine tolle Möglichkeit, Freunde zu finden und sich zu bewegen, und ermöglicht die Entwicklung des Charakters. Meiner Meinung nach würde ich nicht die Person sein, die ich bin, wenn Turnen nicht ein wichtiger Teil meines Lebens wäre. Die Erfahrungen und Leute, die ich durch diesen tollen Sport kennengelernt habe, sind einfach außerordentlich wertvoll.
Ein Beitrag von:
Allison Meakem
Schule:
Deutsche Sprachschule Washington, DC (GLC)