Am 11. März 2011, um 14.46 Uhr. Ein
sehr großes Erdbeben hat sich in Japan
ereignet mit mehr als 15.000 Toten.
Japan erlitt böse wirtschaftliche Folgen.
Ein Jahr und drei Monate sind vergangen
seit dem Erdbeben. Wie ist es jetzt im
Katastrophengebiet? Herr Yusuke
Yamazaki, Deutschlehrer der Waseda
Universitätsoberschule, geht seit dem
Erdbeben oft dorthin und ist dort tätig
als freiwilliger Helfer.
Diesmal habe ich
ihn interviewt und über die gegenwärtige
Lage gefragt.
Wo waren Sie und was haben Sie
gemacht, als das Erdbeben kam?
Da machte ich mit Herrn
Nakayama (Chemielehrer bei uns) in der
Schule eine Besprechung über PASCH.
Eigentlich wollten wir das Internationale
Deutsch Camp Japan im März 2011
machen (es wurde im März 2012 abgehalten).
Deshalb haben wir über das
Chemie-Experiment gesprochen.
Was haben Sie zuallererst gedacht?
Zwischen dem Vor- und dem
Hauptbeben gab es etwas Zeit. Da
dachte ich: „Das Zentrum des Bebens
müsste ein bisschen weiter weg von
Tokio sein.“ Danach habe ich Angst
bekommen, ob die Eltern von meiner
Freundin sicher waren. Ihr Haus liegt
nicht direkt am Strand. Aber die Eltern
arbeiten ganz in der Nähe des Meers. Ich
hatte Angst vor einem Tsunami.
Dann habe ich an meine Eltern gedacht
und auch: „Wie komme ich nach
Hause?“ „Wo kann ich auf dem Weg eine
Pause machen und Lebensmittel
kriegen?“ usw. An die Sicherheit der
Schüler dachte ich leider erst nach
ungefähr 1 Minute nach dem Ende des
Bebens.
Was hat sich in der Gesellschaft,
also in Japan, nach dem Erdbeben
verändert?
Schauen wir uns mal zuerst
Kleinigkeiten an: Da waren zwar
natürlich viele kleine Veränderungen.
Betrachten wir dann global aus der
Vogelperspektive die Gesellschaft: Geändert
hat sich dort im Großen und
Ganzen, fürchte ich, fast gar nichts. Na
ja, eins hat sich geändert. In unseren
Herzen gibt es ein paar unsichtbare
Innenseiten. So etwas kann man heute
etwas klarer sehen. Nicht nur negative,
auch positive Innenseiten.
Seit wann besuchen Sie die
Katastrophengebiete?
Der erste Besuch war Anfang
April 2011, also 3 Wochen nach dem
Erdbeben. Eigentlich wollte ich sofort
dorthin gehen, aber da gab es viele
Probleme: z. B. Verkehrsmittel, Nahrungsumstände,
Aufenthaltsmöglichkeiten.
Deshalb habe ich zwei Wochen Zeit
gebraucht, um den dortigen Zustand zu
begreifen und Infos zu sammeln.
Warum sind Sie dorthin gegangen?
Für mich ist es normal, also
selbstverständlich, zu den verwüsteten
Gegenden zu gehen. Kein Grund ist nötig,
um Leuten im Notstand zu helfen. Als ich
noch Schüler war, habe ich auch Kobe
besucht. Das war im März 1995. Aber
Niigata besuchte ich gar nicht, weil ich
einfach zu beschäftigt war. Daran fühle
ich mich seitdem schuldig. Das kann
vielleich ein Grund sein, dass ich diesmal
so oft Fukushima und Miyagi besuche.
Was hat Sie am meisten überrascht?
Der grauenhafte Anblick. Es
war schrecklicher als ich gedacht hatte
und aus den Fernsehnachrichten
erfahren hatte. Auch der üble Geruch
und das Gefühl des Tsunami-Drecks.
Danach wollte ich bis Juni keine
Suppengerichte essen wie Curry,
Gulasch und Schmorgerichte. Das Fernsehen
kann natürlich nur den Ton und
das Bild übermitteln. Mehr nicht.
Haben Sie etwas, was Sie da
bekommen haben?
Ich konnte Kontakte knüpfen.
Das ist mir sehr wichtig, Leute mit
demselben Willen kennengelernt zu
haben. Natürlich haben sich meine
Fähigkeiten verbessert. Z. B. die
Fähigkeit, den Dreck wegzuräumen und
die Gegend wieder in Ordnung zu
bringen. Wenn beim nächsten Mal
irgendwo in Japan etwas passiert, kann
ich diese Kenntnisse gut einsetzen und
freiwillige Helfer leiten.
Wie sieht die heutige Lage dort
aus?
Da sind noch viele Gebiete,
wo seit dem Erdbeben die Uhr stehen
bleibt. Da braucht man noch Hilfe.
Hoffentlich kommt früher die Zeit, wo
man freiwillige Helfer wie mich nicht
mehr braucht. Bis dahin braucht man
aber leider noch ein bisschen Zeit.
Zum Schluss, bitte noch ein Wort
an die Schüler.
Ich will nicht und kann nicht
sagen, “bitte besucht mal die
Katastrophengebiete”. Ihr seid noch jung
und vielleicht habt ihr Angst vor
radioaktiven Stoffen. Und wahrscheinlich
ist es für euch besser, euch darum
Sorgen zu machen. Aber wenn in der
Zukunft etwas Furchtbares wie diesmal
passiert, seid ihr schon an der Reihe.
Bitte helft Leuten ohne wenn und aber.
Bereitet euch vor, zu jeder Zeit an die
Hand zu zu gehen.
Seid hilfsbereit und
mutig!
Ein Beitrag von:
Sho Takatori
Schule:
Waseda Universitätsoberschule Tokio, Japan
nach einem Erdbeben habe ich das Gefühl, dass ich neu geboren bin.Aber es tut mir sehr Leid, dass es immer riesige Schaden gibt!!!!
Trotzdem lauft das Leben weiter!
Saidi
Und wenn du ein so schweres Erdbeben erlebst, dann fühlst du dich nicht wie neu geboren, sondern hast nur noch Angst, Todesangst.
Liz
Allerdings stört es mich, dass es in der Einleitung erstmal um "wirtschaftliche" Folgen geht. Aber wenn man bedenkt, was die Menschen in Tohoku, und vor allem in Fukushima, durch die Dreifach-Katastrophe erlitten haben, erscheint mir die wirtschaftliche Belastung erstmal vernachlässigbar. Ausserdem sollten wir nachdenken, wie wir mehr Energie einsparen können, um in Zukunft nicht mehr so abhängig von den AKWs zu sein. Die Politiker sagen zwar, sie seien sicher, aber Tatsache ist, dass die Mitarbeiter von Tepco gründlich versagt haben und zur Naturkatastrophe noch eine von Menschenhand gemachte Katastrophe dazu kam.
Ich stimme Herrn Yamazaki zu: Helfen ist wichtig. Aber dafür braucht ihr nicht nach Tohoku kommen. Wenn ihr euch bemüht, weniger Energie zu verschwenden, dann helft ihr eine ganze Menge!
ich danke euch sehr für eure Kommentare
Ich dachte nicht, dass ihr so viele Kommentare geschrieben habt. Vielen Dank nochmal!
In ein paar Wochen erscheint die neuste Ausgabe von "JAPAN HEUTE".
Da könnt ihr auch ein Gespräch über das Erdbeben lesen.
Viele Grüße aus Tokyo
Yusuke
In diesem Artikel finde ich besonders gut, dass er aus dem Interview besteht. Alle Fragen sind sehr gut gestellt. Aus den Antworten Yusuke Yamazaki können wir uns dieser "grauenhafte Anblick", und sie Gefühle des Manschen, der dieses Katastrophengebiet besucht hat, vorstellen.