Im September hat unser Gymnasium, das Lycée Cassini in Clermont de l’Oise, vier deutsche Austauschschüler bekommen, und alle waren in unserer 11. Klasse! Von September bis Oktober haben Simon, Isabel, Cedric und Elena eine französische Klasse besucht. In den zwei Monaten haben sie gemerkt, wie unterschiedlich das Leben in Schule und Familie, in Frankreich und Deutschland ist. Hier ist ihr Erfahrungsbericht.
In Zusammenarbeit mit den deutschen und französischen Schulbehörden fördert das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) seit dem Jahre 1989 den mittelfristigen individuellen Schüleraustausch zwischen Deutschland und Frankreich, insbesondere das Sauzay-Programm.
Alle vier Schüler/-innen hatten in Deutschland Französischlehrer, die ihnen vorgeschlagen haben, nach Frankreich zu gehen, um ihr Französisch zu verbessern und die Kultur zu entdecken. Ihre Motivation, um diese Sprache zu lernen, ist einfach Spaß zu haben oder die Noten zu verbessern. „Das ist eine schöne Sprache, exotisch“ sagt Simon Scholten. Der 15-Jährige besucht die Familie Krameyer. Simon kommt aus Ratingen in der Nähe von Düsseldorf (in Nordrhein-Westfalen). Die vier Deutschen fühlen sie sich sehr wohl in Frankreich. Aber sonst sind sie müde wegen des anstrengenden Schulalltags. Sie haben auch manchmal ein wenig Heimweh. Isabel Frerichs vermisst Sport. Sie kommt aus Münster (in Nordrhein-Westfalen) und ist 15 Jahre alt, sie schläft bei Familie Poulain in Ravenel. In Münster macht sie Triathlon. Simon vermisst auch das regelmäßige Sporttraining, aber er kann an jedem Wochenende Fußball spielen, im Fußballclub von Clermont.
Das Schulsystem ist hier ganz anders als die deutsche Schule, „die Lehrer sind monovalent, sie unterrichten nur ein Fach“ erklärte Cedric Veit, der aus Ahrensfelde in Brandenburg kommt. Das ist in der Nähe von Berlin. Er wohnt bei Familie Leroux. „Die Lehrer in Frankreich wissen mehr als in Deutschland“ fügt der 14-Jährige hinzu. In Frankreich dauert ein Unterricht 55 Minuten gegenüber 45 Minuten in Deutschland. Zehn Minuten sind trotzdem sehr lang und das ist „viel intensiver“ sagt Elena. Elena Schollman ist 14 und kommt aus Sonsbeck (Nordrhein-Westfalen). Sie bleibt bei Familie Nochelski. „Die Beziehungen zwischen Lehrer und Schüler sind besser in Deutschland. Die Schüler sind ruhiger. Doppelstunden sind ganz schlecht“ findet Isabel. In Deutschland ist die Schule interaktiver zwischen Lehrern und Schülern, in Frankreich ist der Unterricht oft nur ein Lehrervortrag. „Lehrer reden, reden und die Schüler müssen alles mitschreiben“, denken alle.
Elena und Isabel besuchen eine „L“-Klasse, das bedeutet die Hauptfächer sind Literatur, Philosophie und Fremdsprachen. Zwei andere Zweige gibt es in Frankreich für das allgemeine Abitur: „ES“ mit den Hauptfächern Wirtschaftswissenschaften und Geschichte, oder der „S-Zweig“ mit Mathe und Naturwissenschaften.
Simon denkt, dass es in Frankreich weniger Solidarität in der Klasse gibt als in Deutschland: „Jedes Jahr gibt es eine neue Klasse mit neuen Schülern, in Deutschland sind die Schüler einer Klasse fast immer die gleichen, Jahr für Jahr“. Die Hausaufgaben bei uns haben die Deutschen sehr überrascht: „Es gibt ganz, ganz viele Tests und Hausaufgaben! Nach der Schule um 17:30 Uhr müssen die Schüler die öffentlichen Transportmittel benutzen, dann haben sie noch Arbeit zu Hause! Deswegen haben sie keine Zeit für Hobbies“, sagen sie. „Ein perfekte Schule wäre halb das deutsche System und halb das französische“, meint Simon.
Das Alltagsleben ist für die vier Deutschen relativ gleich, die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern ist jedoch etwas anders als in Deutschland. „In der Woche ist die Familie nicht zu Hause, alle sind in der Schule oder bei der Arbeit. Die Familie isst nur am Abend zusammen, mittags essen sie getrennt. Es gibt nicht viel Kommunikation, deswegen spricht die Familie mehr am Wochenende“ sagt Isabel. „Am Samstag machen die Kinder ihre Hobbys, am Sonntag Hausaufgaben und eventuell treffen sie ihre Familie“, fügt Simon hinzu. „Es gibt mehr Respekt vor den Eltern“, und „weniger Freiheit“ sagen Isabel und Cedric. Das französische Essen hat den vier Jugendlichen sehr gefallen! „Die Leute essen den ganzen Tag in Deutschland, die Franzosen essen weniger, aber leckereres Essen. Essen ist viel wichtiger in Frankreich“, denkt Simon, „sie essen mehr Käse“ sagt Elena. Isabel und Elena haben immer Hunger nach der Schule, aber zum Glück gibt es ein sogenanntes „Goûter“. Da kann man wenigstens Kekse vor dem Abendessen essen.
Dieses Programm war eine tolle Erfahrung für alle und sie haben ihre Sprachkenntnisse verbessert! „Vorher hatte ich Angst, Fehler zu machen, jetzt spreche ich noch mit Fehlern, aber flüssiger, und mit weniger Angst!“, sagt Cedric, der auch viel neues Vokabular gelernt hat. „Als ich angekommen bin, sprach ich gar kein Französisch, jetzt kann ich mich unterhalten“, sagt Simon. „Ich kann mehr verstehen“, stellt Elena fest.
Dieses Programm war auch ganz schön, um reifer zu werden. „Ich bin disziplinierter geworden“, sagt Cedric, „in Deutschland ist alles einfacher“. „Ich gehe jetzt nach Deutschland zurück, mit dem Gefühl, dass die französische Schule schwerer ist“. „Deutschland hat das bessere Schulsystem“, fügt Isabel hinzu. „Mit diesem Austausch habe ich backen und kochen gelernt“, sagt Elena. „Ich habe auch viele Erfahrungen mit dem Theater gehabt, weil meine Austauschpartnerin Theater spielt, es war etwas Neues für mich!“, erklärt Isabel. Alle sind motiviert, wieder in ihre Schule zurück zu gehen.
Alle möchten eines Tages wieder nach Frankreich kommen. Das war für sie die beste Erfahrung, um eine andere Kultur zu entdecken. „Ich empfehle, sich mehr Zeit zu nehmen als zwei Monate“, sagt Cedric, wie ein Voltaire Programm zum Beispiel. „Ich habe gedacht, die französischen Frauen sind kleiner als in Deutschland! In Frankreich sind aber die Klos kleiner“, lacht Isabel…
Ein Beitrag von:
Juliette Triquet
Schule:
Lycée Cassini, Clermont de l’Oise