Am 8. Mai 2018 hatten wir, die Deutsche Schule Sofia, das Vergnügen und die Ehre, den ersten Tag der Meinungs- und Pressefreiheit festlich zu markieren und den Beginn einer hoffentlich langjährigen Tradition zu setzten. Ausgerechnet in der Woche, in der unsere Schule das 10-jährige Jubiläum seit ihrer Gründung feiert – eine Woche, in der es um solche Traditionen geht.
Die Festlichkeiten begannen in den letzten zwei Unterrichtsstunden mit dem Programm, dass die Schülerinnen und Schüler der Klassen 9a und 9b vorbereitet hatten. Sie informierten das Publikum über die bedeutendsten Aspekte der Meinungs- und Pressefreiheit, was aber noch wichtiger ist, es gelang ihnen ihre eigene subjektive Meinung über aktuelle Ereignisse und politische Zustände bezogen auf das Thema, auf eine kreative und anspruchsvolle Art und Weise zu präsentieren. Das Ergebnis davon war ein äußerst amüsiertes Publikum, welches möglicherweise zum Nachdenken bewegt wurde.
Diejenigen, die sich vertieft mit dem Thema Meinungs- und Pressefreiheit auseinandersetzen wollten und im Besonderen wie dieses Konzept im World Wide Web, einem Ort wo Meinungen und Tatsachen wild aufeinanderprallen, funktionieren sollte, wurden herzlich um 18 Uhr im Red House eingeladen.
Hier wurde das Thema „Freedom of opinion on the internet“, spezifisch „How to deal with hate speech on the internet?“ von vier Spezialisten im Bereich gründlich besprochen, wobei die Diskussion von den Moderatorinnen Vilia Vassileva und Violeta Helling geleitet wurde.
Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen hatten verschiedene professionelle Hintergründe, was ihnen ermöglichte, diverse Aspekte anzusprechen und verschiedene Perspektiven einzunehmen.
Die Journalistin Irina Nedeva ist Vorsitzende des bulgarischen Flügels der Association of European Journalists und verfügt zudem über eine große Erfahrung in den bulgarischen Medien, Rundfunk sowie Fernsehen. Maria Stoyanova ist die offizielle bulgarische Vorsitzende im European Regulators Group for Audiovisual Media Services, beschäftigt sich jedoch auch mit Journalismus. Marcus Haas, Pressesprecher der Deutschen Botschaft in Sofia, stellte auch die legislative Betrachtung des Themas etwas mehr in den Mittelpunkt. Unser letzter Gast war Konstantin Pavlov, der unter dem Pseudonym „Komitata“ einen der erfolgreichsten Blogs in Bulgarien führt und mit Kommentaren, positive wie negative, im Internet tagtäglich zu tun hat.
Die Diskussion begann mit einer kurzen Vorstellung und den Standpunkten der Gäste. Grundlegend für die Diskussion war, hate speech zu definieren. Anfänglich definierten alle Gäste hate speech als Äußerungen, hinter denen keine konstruktive Kritik steht, sondern die Absicht eine Person zu verletzen aufgrund einer Tatsache oder Eigenschaft, die außerhalb des Einflussbereiches, der jeweiligen Person steht. Darauf wurde die Frage geäußert, ob es nun im Sinne der demokratischen Werte sei, solche Äußerungen als illegal zu bezeichnen. Diesbezüglich waren sich die Teilnehmer einig: es solle Regulationen geben. Doch beim Thema wie man mit solchen Kommentaren persönlich umgehen sollte, gab es Meinungsunterschiede. Frau Stoyanova äußerte klar, dass sie der Meinung sei, man solle solche Kommentare besprechen, um das allgemeine Gewissen zu steigern, denn dabei werden auch Menschen aktiv informiert, die ursprünglich keine aktive Rolle in der Diskussion spielten. Herr Pavlov teilte seinerseits mit, dass er persönlich Hasskommentare auf seinem Blog löscht oder versteckt, während Frau Nedeva die Person persönlich anschreibt und diese bittet den Kommentar selber zu löschen und zu überdenken.
Es wurden auch die Motive besprochen, wieso überhaupt
hate speech und f
ake news entstehen, wobei neben den schon oft besprochenen Punkte Terrorismus und Xenophobie, erwähnt wurde, dass
hate speech ein effektives Marketingmittel in der Branche sei.
Der nächste Punkt auf dem Tagesplan sprach die staatlichen Regulationen an, was die Teilnehmenden dafür nutzten, das deutsche System und zwar das NetzDG, mit dem in Bulgarien zu vergleichen. So kam es auch dazu, die Rolle der Europäischen Union in Sachen Regulation und Globalisierung zu besprechen.
Zum Schluss durften die Teilnehmenden kurz und knackig ihre eigenen Ideen vorstellen, wie man mit dem Problem umgehen sollte. Alle waren sich einig: Man muss immer, auch außerhalb des Internets, respektvoll bleiben und die Meinung des Anderen akzeptieren.
Nachdem die Diskussion vorbei war, bekam auch das Publikum die Möglichkeit sich zu Wort zu melden und Fragen zu stellen. Es wurde mit Beispielen aus dem echten Leben ergänzt, es wurden Aussagen hinterfragt und die Diskutanten gelobt.
Grundsätzlich fand ich persönlich diesen Tag äußerst erfolgreich, da er es geschafft hat, das Bewusstsein über ein Thema, die Meinungsfreiheit, das wir in der heutigen modernen Zeit als selbstverständlich verstehen, zu steigern, nicht nur bei dem Publikum, sondern sicherlich auch bei denjenigen, die den Tag organisiert und daran Teil genommen haben. Der Tag der Meinungs- und Pressefreiheit bot den Schülerinnen und Schülern eine Plattform, auf der sie sich frei entfalten und ihren Ideen und Meinungen freien Lauf lassen konnten. Schließlich erfüllte dieser Tag vollkommen seine Funktion in vieler Hinsichten.
Ein Beitrag von:
Ralitza Kirova
Schule:
Deutsche Schule Sofia